Erschienen am 16.04.2016
Der Auftrag jeder wirtschaftlich tätigen Genossenschaft lautet, die eigenen Mitglieder zu fördern.
Der Verzicht auf Kontoführungsgebühren wäre ein Beispiel für gelebte Mitgliederförderung in einer Bankgenossenschaft.
Und so steht eben auch bei jeder Genossenschaftsbank in der Satzung, dass der einzige Zweck der Bank in der wirtschaftlichen Förderung und Betreuung der Mitglieder besteht.
Theoretisch ist bis hier alles richtig. Und das bestätigt schließlich auch der zuständige Genossenschaftsverband bei seiner jährlichen Prüfung. Denn der muss es natürlich ganz genau wissen. Er ist schließlich zum Schutz der Mitglieder der Genossenschaft da. Soll er jedenfalls theoretisch sein.
Jeder Leser weiß natürlich auch, dass jede Raiffeisenbank jedes Jahr einen schönen Gewinn macht. Das ist nicht nur theoretisch so sondern auch praktisch. Die machen so viel schönen Gewinn, dass sie einen großen Teil davon, nicht nur theoretisch sondern sogar praktisch, in einem „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ verstecken müssen, weil sonst theoretisch auffallen könnte, dass sie vielleicht viel zu viel Gewinn machen.
Jedenfalls hat der Gesetzgeber in der Theorie im Gesetz auch bestimmt, dass der Gewinn des Jahres, soweit er nicht satzungsgemäß den Rücklagen zuzuweisen ist, an die Mitglieder ausgeschüttet werden muss.
In der Kommentierung zum Genossenschaftsgesetz wird nun in der Theorie davon ausgegangen, dass ein nach satzungsgemäßer Zuweisung von jeweils 10% zu den Rücklage und der Restbetrag von 80% des ausgewiesenen Jahresüberschusses an die Mitglieder ausgeschüttet wird. Theoretisch jedenfalls.
In der Praxis sieht es so aus, dass die 80% dann gerecht verteilt werden. 4% erhalten die Mitglieder als theoretisch hohe Dividende (schließlich gibt es auf dem Sparbuch nur noch 0,01% Zinsen und da sind 4% Dividende eben das 400-fache von dem was es als Zinsen auf das Sparbuch gibt). Also muss jedes Mitglied mit seiner Genossenschaftsbank absolut zufrieden sein. Theoretisch jedenfalls.
Diese 76% die nach der Dividende von den 80% theoretisch übrigbleiben werden dann wiederum den Rücklagen der Bank zugeschrieben. Im Endeffekt hat damit die Bank 96% des Jahresüberschusses für sich behalten, 4% haben die Mitglieder bekommen.
Natürlich hat sich der Vorstand dabei ja etwas gedacht. Die Praxis (der Gedanken) lassen wir lieber außen vor, beschränken wir uns auf die Theorie.
Jedenfalls muss in der Theorie der Vorstand sich gedacht haben, er empfiehlt den Mitgliedern die im Kommentar zum Genossenschaftsgesetz beschriebene Theorie, nämlich dass ein Gewinn der dazu benötigt wird um die Mitglieder im Folgejahr noch viel viel besser fördern zu können, von der General- oder Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstands den Rücklagen zugewiesen werden kann.
Natürlich könnte theoretisch auch ein Jahresüberschuss übrig bleiben, der nicht mehr dazu benötigt wird um die Mitglieder im nächsten und den folgenden Jahren noch besser fördern zu können. Dieser müsste dann – jedenfalls theoretisch – an die Mitglieder in Geld ausgeschüttet werden.
Aber Sie wissen ja, in der Praxis wird das Geld immer in der Bank benötigt, denn man muss ja die Mitglieder fördern. Theoretisch jedenfalls.
In der Praxis des genossenschaftlichen Bankgeschäfts sieht diese theoretische Förderung der Mitglieder an einem jederzeit beweisbaren Beispiel dann so aus:
Eine (kleinere) Raiffeisenbank erzielte im Jahr 2014 einen Jahresüberschuss von 1.158.000,00 €.
Von diesem Betrag haben die Mitglieder eine Dividende in Höhe von 4% , das waren insgesamt rund 49.000,– €, den Rest von 1,1 Mio € hat die Bank ihren Rücklagen zugewiesen. Theoretisch selbstverständlich nur, um die Mitglieder noch besser fördern zu können.
Diese bessere Förderung der Mitglieder sah dann in der Praxis so aus, dass der Vorstand die Kontoführungsgebühren von 5,50 € auf 7,50 € pro Monat erhöht hat.
Und weil die Mitgliederförderung in der Praxis so gut funktioniert hat, fusioniert diese Raiffeisenbank jetzt mit einer anderen Raiffeisenbank damit der Vorstand auch deren Mitglieder noch besser fördern kann. Denn ich glaube die zahlen bisher weniger als 7,50 € Kontoführungsgebühr pro Monat. Da muss die Höhe der Mitgliederförderung schon angepasst werden.
Und jetzt wissen Sie wie theoretische Mitgliederförderung in der Praxis umgesetzt wird.
Georg Scheumann