Mitgliederliste einer Genossenschaftsbank anfordern

Allgemein

Erschienen am 05.10.2016

Eine Mitgliederliste mit Adressen der Mitglieder einer Genossenschaftsbank zu erhalten, ist, folgt man den Argumenten der Vorstände und der Verbände, eigentlich absolut unmöglich.
Mit eiserner, finsterer und unbeugsamer Entschlossenheit wird darauf verwiesen, dass  § 11 der  Satzung der Genossenschaft  dem Mitglied zwar ein Einsichtsrecht gestattet, aber die Erstellung eines Ausdrucks mit sämtlichen Mitgliedern und deren Adressen absolut unmöglich sei. Lediglich einen Auszug aus der Mitgliederliste der die eigenen mitgliedschaftlichen Daten beinhaltet, könne man einem dazu nachsuchenden Mitglied zugestehen.  Aber ansonsten, und mit dem Ausdruck größten Bedauerns, absolut tabu.
Trotz all dieser Versuche die Mitglieder davon abzuhalten,  soll es jedoch immer noch aufmüpfige Mitglieder geben, die nicht mit allem was der Vorstand so sagt und abzieht, einverstanden sind. Und die mit der Änderung von Tagesordnungspunkten oder der Einberufung einer außerordentlichen General-/Vertreterversammlung den Vorstand leise darauf  hinweisen möchten, dass er im Eifer des Gefechts den Weg in die falsche Richtung freigemacht hat und ihm durch geeignete Satzungsänderungen behutsam und vorsichtig aber manchmal auch mit eindringlichen Nachdruck, zeigen wollen in welche Richtung der Weg wirklich freizumachen ist.
Spätestens dann befassen sich diese Mitglieder selbst mit der Satzung ihrer Volks- oder Raiffeisenbank und stellen fest,
  • dass eine zusätzliche Aufnahme von Tagesordnungspunkten zur nächsten Generalversammlung nicht einfach nur von einem Einzelmitglied gestellt werden kann, sondern dazu die Unterschriften von 150 Mitgliedern nötig sind, welche die vorgesehenen Anträge unterstützen oder,
  • falls irgendjemand der Mitglieder auf den Gedanken kommen sollte, eine außerordentliche Generalversammlung einberufen zu wollen, dies nur mit der Unterstützung von mindestens 10% der Vertreter oder 150/500/1.500 oder mehr Mitgliedern möglich ist oder,
  • was der absolute SUPER-GAU für den Vorstand wäre, auf den Gedanken kommt die Vertreterversammlung abschaffen zu wollen und wieder durch eine Versammlung aller Mitglieder zu ersetzen. Denn dort beträgt die Hürde 10% aller Mitglieder oder der in der Satzung bestimmte niedrigere Teil. Aber darüber ist in der Satzung meist nichts zu finden.
Doch wie soll man in einer Genossenschaftsbank die 5.000 / 10.00 / 50.000 oder sogar 100.000 und mehr Mitglieder hat,  jene Anzahl der Mitglieder persönlich kennen die man für einen derartigen Antrag braucht.
Eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen und das wissen die Vorstände, Aufsichtsräte und vor allem die Verbände und der BVR, der für die Mustersatzung verantwortlich ist, ganz genau.
Solche Hürden, sind lediglich dazu da, die Schwelle möglichst hoch zu halten. Und um gleichzeitig mit der Verweigerung einer Liste der Mitglieder möglichst viele von vornherein abzuschrecken.
Ich bin überzeugt, dass die ablehnende Meinung der Verantwortlichen in den Genossenschaftsbanken und der Genossenschaftsorganisation in Bezug auf die Mitgliederliste nicht richtig ist.
Die nun folgenden Ausführungen stellen lediglich meine eigene subjektive Meinung zu diesem Thema dar und ich freue mich über jeden Kommentar der sich sachlich damit auseinandersetzt.
Mir ist letzthin ein BGH – Beschluss aufgefallen in welchem diese Thematik  bei einem Verein behandelt wird. Schon das Urteil selbst spricht für sich, da eine Genossenschaft eigentlich nichts anderes ist als eine andere Form des „wirtschaftlichen“ Vereins.
In diesem Beschluss wird jedoch zusätzlich noch auf eine Bundestags-Drucksache vom 28.05.1993 verwiesen, in welcher für Genossenschaften das Thema „Mitgliederliste“ erläutert wird.  Anlaß war eine Gesetzesänderung wonach die Mitgliederlisten von Genossenschaften nicht mehr vom jeweiligen Registergericht geführt werden sollten, sondern von den einzelnen Genossenschaften selbst.
Ich füge jenen Auszug aus dieser Drucksache bei, der sich damit befasst, der betreffende Satz ist kenntlich gemacht. Da er jedoch auch den Kern der Sache trifft, hier der wörtliche Text mit welcher der Gesetzgeber damals seine Absichten und Vorstellungen, diese Gesetzesänderung betreffend, eindeutig klargelegt hat:
„Nicht berührt wird von dieser Regelung das Recht der Genossen, jedenfalls dann eine Abschrift der gesamten Mitgliederliste zu erhalten, wenn die Mitglieder einen rechtfertigenden Anlaß dazu haben (z.B. die Absicht, ein Recht nach Maßgabe des § 45 GenG auszuüben) . „
Ich denke, diese Aussage ist eindeutig.
  • 45 Genossenschaftsgesetz (GenG) lautet wie folgt:
45 Einberufung auf Verlangen einer Minderheit
(1) Die Generalversammlung muss unverzüglich einberufen werden, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Satzung hierfür bezeichnete geringere Teil in Textform unter Anführung des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangt. Mitglieder, auf deren Verlangen eine Vertreterversammlung einberufen wird, können an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen. Die Satzung kann Bestimmungen darüber treffen, dass das Rede- und Antragsrecht in der Vertreterversammlung nur von einem oder mehreren von den teilnehmenden Mitgliedern aus ihrem Kreis gewählten Bevollmächtigten ausgeübt werden kann.
(2) In gleicher Weise sind die Mitglieder berechtigt zu verlangen, dass Gegenstände zur Beschlussfassung einer Generalversammlung angekündigt werden. Mitglieder, auf deren Verlangen Gegenstände zur Beschlussfassung
einer Vertreterversammlung angekündigt werden, können an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht hinsichtlich dieser Gegenstände teilnehmen. Absatz 1 Satz 3 ist anzuwenden.
(3) Wird dem Verlangen nicht entsprochen, kann das Gericht die Mitglieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Einberufung der Generalversammlung oder zur Ankündigung des Gegenstandes ermächtigen. Mit der Einberufung oder Ankündigung ist die gerichtliche Ermächtigung bekannt zu machen.
Mit den unwiderlegbaren Argumenten aus der Bundestagsdrucksache und auch dem BGH-Urteil müsste man den Vorstand schon dazu bringen können, eine Abschrift der Mitgliederliste herauszugeben.
Genauso sieht es übrigens auch der BGH in jenem Beschluss. Dort ist zu lesen:
Ein solches Interesse  ist jedenfalls gegeben, wenn es darum geht, das  nach der  Satzung  oder nach  § 37  BGB erforderliche  Stimmenquorum  zu erreichen, um  von  dem in  dieser  Vorschrift geregelten Minderheitenrecht,  die Einberufung einer Mitgliederversammlung zu verlangen, Gebrauch zu machen.
Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.
Georg Scheumann
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