Volks- und Raiffeisenbanken oder: der Verlust der Tugend

Erschienen am 31.12.2016

Volks- und Raiffeisenbanken erheben den Anspruch anders zu sein. Mitgliederorientiert und auf gemeinsamen Werten der Mitglieder – wie beispielsweise Selbstverantwortung, Selbstverwaltung, Demokratie, Gleichheit und auf Solidarität basierend.
Doch alles nur schöner Schein nach außen.
Obwohl der Hauptzweck einer Volks- und Raiffeisenbank nicht auf Gewinnmaximierung für das Unternehmen „Bank“ gerichtet sein soll, sondern auf die gegenseitige Unterstützung und Förderung der Mitglieder, haben die Volks- und Raiffeisenbanken diesen Ihnen mitgegebenen Pfad der Tugend schon lange verlassen.
Es ist relativ leicht nachweisbar, dass der gemeinsame Geschäftsbetrieb mit Mitgliedern nicht mehr den Hauptzweck einer Genossenschaftsbank ausmacht sondern überwiegend Geschäfte mit Nichtmitgliedern getätigt werden und bei der Preisberechnung die Mitglieder den Nichtmitgliedern gleichgestellt werden. Eine Mitgliederförderung findet nicht mehr statt.
Es ist relativ leicht nachweisbar, dass sich, durch massivste Gewinnmaximierung unter Nichtbeachtung der zwingenden Vorgaben zur Mitgliederförderung, herrenloses Vermögen in Milliardenhöhe gebildet hat über welches der Genossenschaftsvorstand nach Belieben verfügen kann.
Jahresgehälter, die das Gehalt von Bundeskanzler und Abgeordneten weit übersteigen, werden den Vorständen auf Kosten des genossenschaftlichen Gesamtvermögens bezahlt. Gleiches gilt für am Ende des Arbeitslebens, ebenfalls zu Lasten des gemeinschaftlichen Genossenschaftsvermögens eingegangene Zahlungsverpflichtungen von erheblichen jährlichen Pensionen für ausscheidende Vorstände und deren Hinterbliebene.
Hingegen erhält ein Genossenschaftsmitglied, welches vielleicht 30 Jahre oder länger der Genossenschaft z.B. 1.000 € als Geschäftsguthaben zur Verfügung gestellt hat, immer nur diese 1.000 € zurück, obwohl dieser Anteil vielleicht bereits einen Vermögenswert des 30-fachen, 50 fachen oder noch mehr besitzt.
Auf hohem Niveau wird heutzutage gejammert, dass die EZB-Politik den Banken niedrigere Gewinne bescheren.  Niedrigere Gewinne, die dann auch in den Bankbilanzen auftauchen.  Doch dieses Gejammer ist nur Augenwischerei um vom wesentlichen abzulenken.
Denn die Gewinne der Genossenschaftsbanken sprudeln kräftiger als eh und je.  Um jedoch diese hohen Gewinne zu vertuschen, werden aus den tatsächlichen Gewinnen Beträge in einen sogenannten „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ eingestellt und den Mitgliedern Jahresabschlüsse mit niedrigen Jahresergebnissen vorgelegt.
Und um die so ausgewiesenen niedrigen Gewinne auch glaubhaft zu machen, wird anschließend über die ach so böse EZB und deren Zinspolitik gejammert sowie über die BaFin die mit immer mehr Vorschriften den so sehr geplagten Vorständen angeblich viel zu viel Arbeit und Kosten beschert.
Letztlich kann es heutzutage bei dem Gejammer der Genossenschaftsbanker und der angemahnten Korrektur der EZB Geldpolitik nur darum gehen, das Privileg der Kunden- und Mitgliederausbeute nicht verkommen zu lassen.
Ergo geht es in letzter Konsequenz um nichts geringeres, als um die endgültige Eigentumsfrage am Genossenschaftsvermögen. Denn begreifen alle anderen „dummen“ Mitglieder erst einmal, dass sie ihr Leben lang über den Tisch gezogen wurden, um der “Crème de la „Bank-Vorstände” ihre überzogenen Gehälter und Pensionen zu finanzieren, dann könnte die Meute wegen dieser Mitgliederausbeutung vielleicht irgendwann rebellisch werden.
Inzwischen  scheinen manche Genossenschaftsmitglieder diese Vergewaltigung einer zum Wohl der eigenen Mitglieder geschaffenen Rechtsform begriffen zu haben und beginnen anzuprangern, dass die Gewinnmaximierungspolitik des Vorstands nur diesem selbst nutzt und nebenbei auch noch den Verbandsoberen in den übergeordneten genossenschaftlichen Verbänden ein sorgenfreies Leben beschert. Immer auf Kosten der kleinen Mitglieder.
Georg Scheumann
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